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Königshofen 3


Spuren und Erinnerungen im Ort an den Bauernkrieg





Bahnhof Königshofen


Der Bahnhof, die Gleisanlage heruntergekommen. Dennoch: Eingang zur Geschichte. Wenn auch wegen 1848. Gilt auch für 1525. Der Eingang zur Geschichte des Bauernkrieges. Der Eingang zur Bauernkriegsschlacht vom 2. Juni 1525. Der Eingang zur Geschichte Königshofens. Leider gibt es bisher keinen geschichtlich-kulturellen Rundgang, der nach dem Eingang zur Geschichte kommen könnte. Ein starker Anfang also, aber eine fehlende Fortsetzung. Da wäre noch einiges drin für Königshofen bis zur Wiederkehr 500 Jahre Bauernkrieg, 500 Jahre Bauernkriegsschlacht auf dem Turmberg 2. Juni 1525. Ein Rundgang, der Ort, Turmberg und Gemarkung einbeziehen würde.


Königshofen ist nicht nur der Ort und das Opfer der brutalen Niederlagen. Wie im Bauernkrieg 1525, als die aufständischen Bauern, Häcker und Bürger auf dem hohen, weinberglichen Turmberg endgültig unterlagen, massenhaft erschlagen wurden. Nicht nur ein Ort und das Opfer der sinnlosen Zerstörung wie im 2. Weltkrieg. Nicht nur ein Ort und das Opfer des automotorisierten Verbrenner Durchgangsverkehrs. Es ist auch ein Ort und das Subjekt mit Jahrhunderte alter Messetradition, die weit in die tauberfränkische Region hinausstrahlt. Es ist damit ein Ort mit lang wirksamer Zentralität und das Subjekt dieser wirtschaftlichen Funktion. Es ist ein Ort der alten Geleitwege und derer Kreuzungspunkte. Es wurde später zum Ort mit besonderem Bahnhof. An dem sich die Eisenbahnlinien nach Mergentheim und Richtung Heidelberg, sowie  Heilbronn / Stuttgart und nach Lauda - Wertheim bzw. Würzburg  trafen bzw. trennten. Ein mehrgleisiger, zwei bahnsteigiger Bahnhof, auf dem man früher umsteigen konnte. Der Bahnhof wurde einige Jahre lang von dem literarisch gebildeten Karl May Spezialisten Alfred Biedermann als Bahnhofsvorsteher geleitet, bis er von den Nazis von seinem Amt entfernt wurde. Im Zuge der fatalen Mehldornschen Einsparungsmaßnahmen wurde Gleis 1 still gelegt, obwohl dieses für Züge in Richtung Bad Mergentheim optimiert war. Die Reaktivierung des zweiten Bahnsteiges wird gefordert.




Landkarte zu Brennpunkten 1848. Königshofen ist dabei.1525 sowieso. Da fehlt Königshofen auf keiner geschichtlichen Landkarte.




Kiebitz, ehemalige alternative Kneipe beim Königshöfer Bahnhof



Bauernkrieg im Taubertal - Eine Ausstellung des Traum-a-Land e. V. mit Bildern und Tafeln vom 2. Juni 1984 - 2. Juli 1984 im Kiebitz, Königshofen


Einladungstext des Traum-a-Land e. V. zur Eröffnung der Bauernkriegsausstellung ab 2. Juni 1984:

Der Main-Tauber-Kreis war nicht immer Provinz sondern auch Schauplatz von Weltgeschichte. Der kurze Frühling der Hoffnung, die Frühjahrsmonate des Jahres 1525 weisen in Richtung eines weiten Horizontes: Der Bauernkrieg schrieb sich ein in das Buch der Geschichte. Vor allem ein Daturm, der 2. Juni 1525, der Tag der Niederlage des Bauernhaufens auf dem Turmberg in Königshofen, blieb - wenn vielfach auch unbewußt - im kollektiven Gedächtnis der Region. Dieses Datum nahm der Traum-a-Land e.V. zum Anlaß, mit Bildern und Texten aus und zum Bauernkrieg 1525 auf diesen Termin wieder aufmerksam zu machen, ein Stück vernachlässigte und verborgene Heimatgeschichte auszugraben.


Denn "grabe, wo du stehst", heißt das Motto der in den achtziger Jahren entstandenen Regional- und Lokalgeschichtsbewegung in der Bundesrepublik, der auch der Traum-a-Land e. V. zugehörig ist und die sich zum Ziel gesetzt hat, die andere Geschichte der Regionen, die Alltagsgeschichte und die Gegen-Geschichte gegen Unterdrückungen aufzuarbeiten und damit die Regionalgeschichte aus heimattümelnden Grüften zu bergen und wieder lebendig zu mchen. Mit der Entdeckung der Region als geschichtsträchtiges Hinterland, als Ort "Großer Geschichte", als Kultur- und Widerstandslandschaft, verändert sich das Verhältnis der Wahnehmung zur Region. Vielfach wird ein neuer Bezug zur Vergangenheit der Orte und der Region hergestellt, indem die bejahende Identifikation mit der Lebensumgebung und die damit erlange Abschwächung der Sichtweise als nur ereignislose oder gar tote, ermöglicht wird.


Für die umfangreichen Bemühungen um die jugendkulturelle Situation in der Provinz, entgegen vieler Provinzwiderstände und ohne öffentliche Unterstützung, hatte der Traum-a-Land e. V. 1983 den Kulturpreis der Kulturpolitischen Vereinigung aus den Händen von MdEP Olaf Schwencke erhalten. In seiner Laudatio wies Olaf Schwenke damals darauf hin, daß die Rückbesinnung und Aufarbeitung demokratischer Widerstandstraditionen und der Bezug auf aktuelle olitische und kulturelle Provinzarbeit, Wiedergewinnung und Aneignung von Heimat im besten kulturpolitischen Sinne bedeute.

Die Ausstellung in Königshofen war durchaus ein weiterer Schritt dazu. In diesem besonderen Kontext der Wiederbelebung und Wiederaneignung standen die Bilder und Tafeln der Ausstellung von 1984. Eröffnet wurde die Ausstellung selbstverständlich mit dem Pfeifer von Niklashausen, 1476 der "Vorläufer des Bauernkrieges" (Friedrich Engels) und der Prophezeiung des Bauernkrieges von L. Rynam 1523 mit zeittypischer Symbolik. Mehrere Bilder waren den Aufständsanfängen des Taubertaler Haufens in Rothenburg und Bad Mergentheim, sowie der Erhebung des Neckartal-Odenwälder Haufens gewidmet. Eine Tafel erkärte dabei die Züge und Stationen der zwei Bauernhaufen, um die Stätten adliger und klerikaler Herrschaft und Ausbeutung zu beseitigen.

Auskunft über die revolutionären Forderungen des "schwarzen" Taubertaler Haufens nach Beseitigung aller feudaler Privilegien, die Eingliederung des Adels in die christliche Vereinigung der Bauern und der Abbruch aller Schlösser und Klöster, gaben die Abbildungen der Artikel des Haufens vom Mai 1525. Dieses Programm war das konsequenteste des deutschen Bauernkrieges, da es nicht als Verhandlungsgrundlage mit Adligen konzipiert war; hier wurde das, was zu tun war, von den Bauern diktiert.

Den Schwerpunkt bildete die Darstellung der Schlacht vom 2. Juni auf dem Turmberg bei Königshofen. Zwei Reproduktionen zeigen die zur Deckung aufgestellte Wagenburg der Bauern. Eine Skizze sowie Texte erläuterten den Schlachtverlauf. Die weiteren Motive behandelten den Ausgang des Bauernkrieges. Hier sind die Sgraffitoarbeit von Hubert Meyer und der Gedenkstein der erschlagenen Bauern bei Gerlachsheim zu nennen. Fotos aus der Bundschuh-Wagenburg von 1979 gegen die geplante Daimler-Benz-Teststrecke überbrückten Jahrhunderte alte Geschichte in die aktuelle Geschichte.

Für die Ausstellung des Traum-a-Land e. V. anläßlich des 2. Junis galten gleichfalls die Worte Ernst Blochs zur Niederlage der Thüringer Bauern unter Thomas Müntzer in der Schlacht bei Frankenhausen: "Es geht ein roter Faden, der am Anfang aber immerhin rot bleibt, durch die Geschichte. Es ist die Frage, was man mit der Enttäuschung anfängt, ob man zur Resignation gelangt, weil nichts anderes übrigbleibt, oder ob man etwa die Hoffnung der Bauern nach der Schlacht bei Frankenhausen sich in Erinnerung bringt: Nichts kann ganz untergehen. Was wir nicht zustande gebracht haben, müssen wir überliefern. - Geschlagen zorgen wir nach Haus, die Enkel fechtens besser aus."

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Der Kiebitz war lange eine Alternative zum fehlenden Jugendhaus, ein Treffpunkt der alternativen Scene im mittleren Taubertal, mit Biergarten im Sommer gut besucht. Mit seinen Nebenräumen bot er lokalen Initiativen Raum zu Treffen. Auch der Traum-a-Land e. V. hatte dort viele Termine. Die Ausstellung über den Bauernkrieg war über den ganzen Kiebitz verteilt.


Der Traum-A-Land e.V. unternahm Spurensuchenprojekte zum Bauernkrieg 1525 in der Region Tauber-Franken. Eine ausführliche Darstellung dieser Aktivitäten findet sich auf Seite www.traumaland.de







Rathaus Königshofen Chronik

Im ehemaligen Rathaus der Gemeinde Königshofen zeigt eine 1974 erstellte Chronik der Stadt Königshofen die Bezüge zum 2. Juni 1525 auf. Dass diese Chronik 1974 im Eingangsbereich des Rathauses platziert wurde, ist kein Zufall. Nach Plänen der Landesregierung verlor im Zuge der Kommunalreform Königshofen seine Selbstständigkeit und wurde Teil der Doppelstadt Lauda-Königshofen. Ein weiteres Königshöfer Trauma neben dem 2. Juni 1525, den Zerstörungen von 1945. Königshofen zeigte mit dieser Chronik seine Geschichte.





Hohes Haus, kurmainzisches Diensthaus


Kurmainzisches Amtshaus, hier residierten und wohnten die kurmainzischen Amtsknechte, Schultheiße und Vögte, mit denen sehr stark in die Verwaltung des Fleckens hinein regiert wurde. Eine Sage, dass ein Edelmann eines Tages aus einem Fenster heraus gestürzt wurde und im Misthaufen landete, erinnert daran.

Im April 1525 fragten die Königshöfer in (Tauber)Bischofsheim nach, wie sich wegen des heranziehenden Bauernhaufens verhalten sollten, zumal viele Einwohner der Orte im Taubertal offen auf Seiten des Bauernhaufens standen und eine Radikalisierung in den Orten zu erwarten war. Ein Bericht des Bischofsheimer Amtskellers zeugt davon: "Ferner G. H. gestern am abent haben dlie von Königshofen drey aus inen alhero gein bischofsheim gefertigett, bey denen von Bischofsheim zu erfaren, ob sie erfordert wurden, wes sie sich halten wolten. Hat inne der burgermeister etliche seine ratfrundts, soviel er des mals hat gehaben mogen, mit meinem wissen zusammen kommen lassen, haben denen von Konigshofen zu anthwurt geben, sie sollen bey rneynen g. h. und bey E. f. g. als fromme leut steen und halten. Daruff sie weyther anheim gezogen. Nit weis ich, ob die von Konigshofen, so inen geschrieben wurde, steen pleyben wurden oder nit. Und dieweil die ufrur umb uns allenthalben so nahent, derhalben zu besorgen, es mocht etliche leichtfertige personen aus unverstandt in Bischolsheim auch ein ufrur machen". Die Königshöfer blieben nicht auf Seiten des G. H., also des gnädigen Herrn, des Kurmainzischen Bischofs, stehen.




Kirche St. Mauritius


Eingang zur Krypta, alt erhaltener Teil der Kirche. In der Kirche wurden Bauern und Bürger nach der Schlacht auf dem Turmberg gefangen gehalten.

"Die Gefangenen übernahm Graf Wilhelm von Fürstenberg, der sie in der Kirche von Königshofen zunächst festsetzte - wer Lösegeld zahlen konnte, wurde frei gelassen, der Rest im Tross des Heeres als Gefangener mitgeführt."

Aus: Peter Blickle: Der Bauernjörg. Feldherr im Bauernkrieg. München 2015, Seite 248



In der Kirche St. Mauritius wurden in der Nacht des 2. Junis gefangene Bauern und Bürger eingeschlossen. Einige der Gefangenen erreichte am nächsten Tag das Strafgericht des Bundes: "Darnach am sampstag zu nach [3 Juni] zu Kingshofen abgeschlagen ir 4 das haupt, darunder ist gewesen der pawren hauptman, ain langer, starcker man, hat wellen geben 2000 gulden umb das leben, da hat es nit gesein migen, hat miessen sterben." (Das Tagebuch des Herolds Hans Lutz. In: Baumann: Quellen des Bauernkrieges in Oberschwaben)


Königshofen gehörte als Marktflecken zum Mainzer Oberstift, zum Amt Bischofsheim. Kirchlich war aber der Würzburger Bischof zuständig. Pfarrer in Königshofen war zur Zeit des Bauernkrieges Johann Rodigast (1507 - 1530). Er scheint altgläubig geblieben zu sein, hatte aber in seiner kirchlichen Gemeinde mit starken reformatorischen Kräften zu tun. Das spiegelt sich auch bis in die neue Ordnung für den Marktflecken Königshofen wieder, die der Mainzer Erzbischof 1528 anordnete. Sogar mit Regelungen für das kirchliche Gemeinwesen, obwohl hier der Würzburger Bischof zuständig war. Bauernkrieg und Reformation steckten tief in den Köpfen. Bei Siegern und Besiegten: "... auch cler Marktflecken Königshofen wurde zu Beginn des Jahres 1528 mit einer neuen Ordnung beglückt, die ebenfalls die kommunale Selbständigkeit beseitigte. den Königshöfern immerhin ihren großen Markt wieder gewährte, die im Unterschied jedoch zu den Ordnungen der übrigen Städte auch eine genaue Regelung der kirchlichen Vcrhältnisse umfaßt, aus der wir viel Hintergrundinformation beziehen können. Es heißt dort: .,Ferrer setzen unnd ordenen wir als Ertzbischoffe unnd rechter herr auß sondern bewegungen unnd wollen ernnstlich: nachdem etliche Zeit here das gemein eynfeyltig volckh durch die lutherische und anderer leichtfertiger ungelerter priester verfürlich lehr und predig nit in geringen ablall christennlichcr religion unnd ungewonlich mißbreuch zu ferlicheit unnd verlust irer selen unnd verderbenns leibs unnd guts verleidt und bracht worden sein, das hinfurter dieselbigen priester und prediger an keinem orth in unnserm flecken Konigshoffen zugelassen oder gehort, sonnder sollen die uffgenome und gehort werdenn, die das wort gottes unnd das heylig evangelium lauther unnd clar vermog babstlicher heyligkeit ausganngen decret und kayserlicher maiestet edict predigenn, leren und der kirchen ceremonien unnd geprauch, wie von alter loblich unnd erlich herpracht haltenn." Und dann folgt seitenweise eine minutiöse Festlegung der Sonntagspflicht bis hin zur Ordnung von Hochzeiten und Taufen. Auch wird untersagt, "der unerlichen schmachlidlen zu dichtenn unnd zu singen, es betreff geistlich oder weltlich man oder weibs personnen." Daraus kann geschlossen werden, daß in Königshofen offensichtlich die reformatorische Lehre seit geraumer Zeit - "etliche zeit here" sei das gemeine, und einfältige Volk in Königshofen durch die lutherischen Prediger verführt und vom rechten Glaruben abgebracht worden -, daß also in Königshofen die Relormation gegen den Willen der Landesherrschaft und des kirchlich zuständigen Bischols von Würzburg Fuß gefaßt hatte. Wo wurde wohl die lutherische Lehre verkündet?,,An keinem orth in unnserem flecken Konigshoffen" sollten die reformatorischen Geistlichen wirken dürfen, verlügt der Mainzer Erzbischof. In den Gasthäusern Königshofens könnten solche Versammlungen stattgefunden haben ...".
(Hugo Ott: Die Erneuerung des Marktrechts 1530. In: Hugo Ott, Geschichte von Königshofen an der Tauber, 1992, Seite 186)


Auch nach der neuen Stadtordnung blieben die kirchlichen Verhältnisse unruhig. Die Königshöfer Pfarrer hatten Frauen und Kinder. In den Visitationsprotokollen finden sich Hinweise auf auffällige Lebensweisen der Pfarrer, die allerdings auch in einer sehr schlechten finanziellen Situation sich befanden. In Armut lebten. Die Gegenreformation hatte in Königshofen einiges zu tun. In der Geschichte von Königshofen ausführlich durchgearbeitet.





Stele Gedenkstätte gegen Krieg und Gewalt


"... wurde in Königshofen in der Nähe der Stadtpfarrkirche die Gedenkstätte gegen Krieg und Gewalt errichtet. Hier wird auf einer Stele ebenso an die Schlacht vom 2. Juni 1525 erinnert, wie dies auch neben dem Wartturm auf dem Turmberg der Fall ist." (Bernhard Geisler: Spurensuche zum Bauernkrieg. Fränkische Nachrichten vom 30. Mai 2014)     



1993 schrieb Carlheinz Gräter noch in seinem Buch Heimliche Täler unter der Überschrift:

"Kein Denkmal erinnert an den Bauernkrieg

In den letzten Jahren hat eine neue Siedlung den breiten Hang des Turmberges über Königshofen verschachtelt: Asphalt statt Hohlwege, Vorgärten statt Steppenheide, Garagen statt Steinriegel. An den Flanken des Berges grünt friedlich die Rebe. Die alten Schaftriften um den Wartturm auf der Höhe wurden um die Jahrhundertwende mit Kiefern aufgeforstet. Den geborsteten Wartturm, den letzten Zeugen des Gemetzels von 1525, hat man mit Zement geflickt.

Ein Denkmal, eine Erinnerungsstätte an den Bauernkrieg, die einzige Revolution des kleinen Mannes in Stadt und Land, gibt es in Königshofen sowenig wie sonst irgendwo in Franken oder in der Bundesrepublik. Dabei hatte gerade das Bauernheer 'der ganzen fränkischen Nation', wie es damals hieß, als Kern seiner Forderungen die staatsbürgerliche Rechtsgleichheit verlangt: 'Es sollen all die Geistlichen und Weltlichen, Edeln und Unedeln hinfür sich des gemeinen Bürger- und Bauernrechts halten und nit mehr sein, dann ein anderer gemeiner Mann ...' ."

Carlheinz Gräter: Heimliche Täler, Tauberbischofsheim 1993, Seite 113 / 114


1938 kündigte der badische Landesbauernführer Engler-Füßlin im Rathaussaal Tauberbischofsheim auf einer Versammlung an, dass auf dem Turmberg ein Denkmal für die gefallenen Bauern errichtet werden soll, dahinter eine völkische Bauernschule. Das Blut und Boden Bauernkriegs-Denkmal im heroischen NS-Stil ist Königshofen erspart geblieben.


Einen Versuch, den Aufständischen 1525 und ihrer schrecklichen Niederlage auf dem Königshöfer Turmberg ein erinnerndes Denkmal zu setzen gab es in Königshofen Mitte der 1980er Jahre:

Aus: Latschari - Jugendhausinitiative-Info Nr. 2 Juni / Juli 1985 Königshofen, Seite 9


Inzwischen hat sich die Situation der Gedenkkultur an den Bauernkrieg und an die Schlacht vom Turmberg 1525 mit einer Gedenkstele vor der Kirche, mit zwei Gedenktafeln vor Kirche und bei der Turmbergwarte, mit der Renovierung und Wiederinstandsetzung des Wartturmes - dem letzten Zeugen der Schlacht auf dem Turmberg -, mit Gedenkveranstaltungen wie der vom Juni 2000 sowie vielen alljährlichen Gedenkwanderungen auf den Spuren des Bauernkrieges hoch zum Turmberg wesentlich verbessert. In vielen Gemeinden haben sich in den letzten Jahren Kulturwege etabliert, die an geschichtliche Ereignisse der Orte erinnern. Ein Kulturweg 1525 fehlt noch in Königshofen, der mit ausgewählten Wanderrouten und Informationstafeln die Bauernkriegsereignisse auf Königshöfer und Deubacher Gemarkung informativ und anschaulich miteinander verbindet. Da ist Sulzdorf / Ingolstadt / Giebelstadt mit der Erinnerung an die dortige Schlacht am 4. Juni 1525 Königshofen schon etwas voraus: https://www.spessartprojekt.de/kulturwege/giebelstadt-1-weiss-der-geier/ sowie https://www.spessartprojekt.de/wordpress/wp-content/uploads/2019/04/Giebelstadt-T5.pdf




Königshofen verbindet die Schlacht auf dem Turmberg vom 2. Juni 1525, bei der fast alle wehrfähigen Männer des Ortes zu Tode kamen, mit den Kriegszerstörungen im Frühjahr 1945, bei denen ein Großteil der Bausubstanz des Ortes zerstört oder beschädigt wurde. An diesen Zusammenhang erinnern in Königshofen Gedenkstätten, Gedenksteine und Gedenktafeln.


Peter Harer: "solcher Flecken Kongshoffen hett ein zimliche Weyte und bey dritthalb hundert inwonender Mann gehept. Die plieben all in der Schlacht dot bis ungeverlich uff die 15." Also von 250 männlicher Familienvorstände wurden am 2. Juni 1525 235 Mann getötet. Es blieben 15 männliche Familienvorstände übrig. Auch von anderen Orten des Taubertales sind Zahlen des 2. Juni 1525 bekannt: Mergentheim beklagte 122 Mann tot, darunter sieben Priester. Weikersheim verlor 42 Bürger. Ein Volkstrauertag des Taubertales.





Florian-Geyer-Straße und (Georg-)Metzler-Straße - Gedenkstein Nikolaus Höniger

Straßennamen wie Metzlerstraße, Florian-Geyer-Straße, Turmbergstraße erinnern an den Bauernkrieg, an die Schlacht vom 2. Juni 1525. Schön, dass Königshofen Georg Metzler mit einer Straße ehrt. Er wird von den herrschaftlichen Schreibern, von einigen Autoren ansonsten gern als der von der Schlacht Flüchtende gebrandmarkt. Derjenige also, der mit seinem Verhalten die Wehrkraft des Bauernhaufens zersetzt habe. Ihn führungslos zurück gelassen hätte auf dem Turmberg. Allerdings wäre der Vornamens-Zusatz "Georg" bei einem Straßennamen, der an eine historische Person erinnert, sinnvoll, sogar notwendig. Gehört mit aufs Schild. Das läßt sich vielleicht bis zur 500jährigen Wiederkehr des Bauernkrieges schildtechnisch gesehen, korregieren. Dass die Metzlerstraße auf eine Ganghoferstraße trifft, na ja, ist halt so. Rechts vom Georg-Metzler-Straßenschild ist ein Gedenkstein für Nikolaus Höniger zu sehen, einem aus Königshofen stammenden Korrektor für Buchdrucke, Autor und Übersetzer. Von ihm stammt die in der Cosmographia von Sebastian Münster enthaltene Beschreibung des Marktfleckens Königshofen, des Schlachtenherganges und der Hinweis auf damals noch auffindbare Skelette im Schlachtholz.

Sebastian Münster Cosmographia 1578 über Königshofen, Ort der Schlacht vom 2. Juni 1525





Turmbergschule mit Sgraffito-Arbeit "Ende des Bauernkrieges" von Hub Meyer


Auf der Rückseite der Turmbergschule, inzwischen sehr versteckt, wird mit einer Arbeit von 1962 an das Ende des Bauernkrieges erinnert. Ob damit die Schlacht vom 2. Juni 1525 gemeint war? Oder das tatsächliche Ende des Bauernkrieges? Oder das Ende des Bauernkrieges in Tauber-Franken / Franken? "In Königshofen wurde nur wenige Jahre später das für die Gegend herausragendste und größte Kunstwerk geschaffen, das nachfolgende Generationen an den Bauernkrieg erinnern sollte. Der wohl aus dem Münsterland stammende und im Zuge des Zweiten Weltkriegs nach Tauberbischofsheim gekommene Maler und Graphiker Hubert Meyer schuf 1962 beim Neubau der Grund- und Hauptschule am Fuße des Turmbergs ein wunderbares Sgraffito.
Alleine der Schriftzug "Ende des Bauernkriegs" ist fast vier Meter lang, das Bild selbst geschätzte zehn Meter hoch." (Bernhard Geisler: Spurensuche zum Bauernkrieg. Fränkische Nachrichten vom 30. Mai 2014)



Pro Königshofen Bundschuh-Protestform


Um den Umbau, um die Verlegung der Bundesstraße, gibt es innerörtliche Diskussionen. Der Bundschuh auch hier dabei.






Gedenkjahr 2000 "475 Jahre Bauernkrieg" Gesellenhaus Königshofen

Erinnerung und Ausstellung an 475 Jahre Bauernkrieg und Schlacht auf dem Turmberg 2. Juni 1525 im Juni 2000 Gesellenhaus Königshofen, Historisches und Kulturelles Königshofen e. V.









Ebenso wichtige Zeichen einer dauerhaften Geschichtsbewahrung und eines aktiven Geschichtsverständnisses sind die seit 2000 veranstalteten Spurengänge zur Schlacht vom 2. Juni 1525 in Königshofen, auf den Turmberg sowie jährlich zum 2. Juni publizierte Zeitungsartikel zum Bauernkrieg durch Mitglieder der Gruppe Geschichtliches & Kulturelles Königshofen.
















Gewann Reissgasse


Gewann Reissgasse in Richtung Unterbalbach. Möglicherweise Exerzierplatz der wehrfähigen Männer von Königshofen (als reisig benannte), evtl. auch Hinweis auf die Bauernkriegsereignisse




Gewann Reißwagen


Gewann Reißwagen in Richtung Marbach/Lauda. Erinnert vom Namen her an die militärische Nutzung von Palisadenwägen, wie sie auch auf dem Turmberg in der Wagenburg eingesetzt wurden. Ob ein Zusammenhang mit dem Bauernkrieg besteht, ist nicht sicher. Eventuell war hier der Exerzierplatz der Königshöfer.



Blick vom Gewann Reißwagen auf Königshofen, Kirchturm, Turmberg





Gewann Dreikreuz


Gewann Dreikreuz in Richtung Lauda/Marbach. Auffällig, dass hier früher auf engstem Raum an der Geleitstraße Richtung St. Joß drei Kreuze standen. Ob im Zusammenhang mit dem 2. Juni 1525 errichtet, ist unklar. Sie standen aber in einer der Hauptfluchtrichtungen der Taubertäler Bauern und Bürger






Auf dieser Flurkarte aus dem 17. Jahrhundert ist die Geleitstraße von Königshofen über St. Jost in Richtung (Tauber)Bischofsheim zu sehen. Rechts sind auch zwei Kreuze der Drei Kreuz erkennbar - praktisch nebeneinander. Denkbar, dass hier bei den Kreuzen sich Ereignisse, Erinnerungen an den Bauernkrieg wiederspiegeln. Z. B. Orte, an denen flüchtige Bauern und Bürger vom Turmberg von bündischen Reitern erschlagen wurden. Leider bisher keine gesicherte Erkenntnis dazu. Auch nicht, wo die Drei Kreuz verblieben sind.


Zwei Kreuze der Dreikreuz an der Geleitstraße in Richtung Bischofsheim an der Tauber







Von Anton Sack gibt es ein Gedicht zu Königshofen 2. Juni 1525, von dem die ersten zwei Zeilen hier zitiert werden:


"Ein Steinkreuz stumm am Wege
bei rotem, rotem Klee"

Ein steinernes Kreuz an einem Wege, von Ackerflächen umsäumt. Es gibt allerdings in Königshofen kein Steinkreuz an einem Weg, das an den Bauernkrieg erinnert? Im Kalender von Sack von 1925 war eine Zeichnung eines Steinkreuz mit Gravur 1525 zu finden. In Richtung Marbach / Lauda gibt es das Gewann Drei Kreuze. Solche Kreuze tragen oft die Erinnerung an Tote, Getötete. Wenn man die beiden Begräbnisssteine in Lauda an der Tauber und den von Gerlachsheim, zudem den auffälligen Bildstock an der alten Straße von Lauda nach Marbach mit der auf dem Boden liegenden Person zusammen betrachtet, ist das eine ziemlich auffällige Häufungen von Todesplätzen, Todeserinnerungen. Da liegt auch für die Drei Kreuze der bisher spekulative Zusammenhang mit dem Bauernkrieg nahe. Insofern möglicherweise auch ein Zusammenhang mit dem Sack-Gedicht, also bei ihm ein steinernes Kreuz am Weg, im Gewann Drei Kreuz allerdings eine Geleitstraße. Vielleicht hat Sack an die drei Kreuze gedacht. Oder zumindest an eines der drei. Vielleicht kannte er noch den ursprünglichen Zusammenhang mit dem 2. Juni 1525 aus örtlichen Erzählungen. Vielleicht ist es auch nur eine poetisch-historische Zusammenfügung. Die Drei Kreuze waren von Ackerflächen umrahmt.


Aus: Anton Sack, Fränkischer Kalender 1925 mit Erinnerungen an den Bauernkrieg 1525

Ein steinernes Kreuz mit einer Eintragung 1525 ist bisher in unserer Region nur bei Bieberehren bekannt.