Gerlachsheim
Ruhestätte der Gefallenen im Bauernkrieg am 4. Juni 1525
Den Gedenkstein "Ruhestätte / der Gefallenen / im Bauernkrieg / am 4. Juni 1525", hat Georg Lommel auf seiner Wanderung durchs Taubertal bemerkt. Für ihn "zeigt ein halbversunkener Wegstein mit den drei Gekreuzigten die Stelle, auf welcher mehrere aus der Unglücksschlacht vom 2. Juni 1525 Entronnene von fürstlichen Reitern ereilt und erstochen wurden."
Das verwitterte Kalksteinbild gibt den Gekreuzigten wider, umgeben von den beiden Schächern, unter deren Kreuzen je eine knieende Gestalt noch sichtbar ist. Am Fuß des Christus-Kreuzes war vermutlich ein Totenschädel. Seit einigen Jahren ist der Gedenkstein weg von der lärmenden Bundesstraße versetzt worden. Möglicherweise nur eine von mehreren Standortveränderungen des Steines.
Die Datumsangabe auf dem Sockel "4. Juni 1525" sorgt immer wieder für einige Irritationen und Spekulationen. Vielleicht war auch das Datum des Begräbnisses gemeint. Wichtig ist aber überhaupt der Stein des Gedenkens, weniger die unhistorisch tagesdatierende Ungenauigkeit: "Dank gebührt dem Steinmetz, hat er doch in den Sockel eingemeißelt, was sonst nur allzu gerne verdrängt wird: 'Ruhestätte der Gefallenen im Bauernkrieg am 4. Juni 1525'. Nachdenklich verweilt der Spurensucher vor dem schlichten Denkmal, wohl wissend, daß man es mit der Datumsangabe nicht ganz genau genommen hat." (Klaus Herrmann, Auf Spurensuche - Der Bauernkrieg in Südwestdeutschland. Stuttgart 1991, S. 190)
Vermutlich wurde der Sockel zum Anlaß der 400jährigen Wiederkehr des Bauernkrieges 1925 errichtet. Da einige lokale Heimatgeschichtler zu dieser Zeit den 3. Juni als Tag der Turmbergschlacht angaben, könnte dann als Tag der Beerdigung der 4. Juni angenommen worden sein.
Carlheinz Gräter hat in seiner Serie von Zeitungsartikeln zum Bauernkrieg im Jahr 2000 die Frage aufgeworfen, woraus denn tatsächlich sich ein gesicherter Bezug der Gedenksteine zum Bauernkrieg erklärt, da die Gedenksteine erst ein Jahrhundert später und ohne direkten Bezug auf Ereignisse im Bauernkrieg aufgestellt wurden. Einen sicheren Bezug in Form einer alten Akte, eines Schreibens zur Aufstellung gibt es bisher nicht. Lokales Wissen, das weiter gegeben wurde. Einen Gedenkstein für die Aufständischen aufzustellen, hätte zudem die Obrigkeit nicht zugelassen. Insofern mußten Bildstöcke im gewohnten Gewand errichtet werden, die eine unsichtbare Botschaft mit sich tragen. Hier in Gerlachsheim ein typisches Bild mit dem Gekreuzigten, begleitet von den beiden Kreuzen der Schächer und knieenden Personen. Dass ein christliches Thema die Darstellung des Bildsteins bestimmt, passt zum Errichtungsmotiv eines Bildstockes in Franken. Die Aufständischen von 1525 hatten ebenfalls ein christliches Thema: das der evangelischen Reformation. Der Bildhauer von Gerlachsheim war kein Mathis Grünewald, der die Bischofsheimer Tafeln mit einer zu entziffernden Bildsprache einer evangelischen Reformation bestückte, mit einer Vorankündigung des Bauernkrieges 1525. Leider ist beim Gerlachsheimer Stein die Inschrift nur bruchstückhaft erhalten. Keine Information über den Errichter und dessen Stiftungsmotivation. Der Laudaer Gedenkstein an der Totenwiese (alte Straße von Lauda nach Marbach) ist dagegen äußerst unkonventionell gestaltet. Zwei Zinnenende stehen sich gegenüber, eine bisher nicht gedeutete Symbolik auf dem Teil unter den beiden Zinnen. Keine ursprüngliche Inschrift vorhanden. Der Laudaer Bildstock für Lienhart Beys ähnelt mit einer unverdächtigen christlichen Thematik dem Gerlachsheimer. Auch hier trägt der Stein eine unsichtbare Botschaft weiter. Der Bildstock am Hohlweg Lauda - Marbach mit einer möglichen Darstellung eines auf dem Boden liegenden Bauerns besitzt von der Bildstockgestaltung her die eindeutigste Botschaft. Nur ähnelt die auf dem Boden liegende Person eher einem Bürger. Mit der kleidermodischen Zeichensprache des 17. Jahrhunderts und Spitzbart in Stein gemeißelt. Leider ist keines der drei Kreuze des Gewann Dreikreuz erhalten geblieben. Unklar, ob sie sich als Botschaftsträger von Bauernkriegsereignissen deuten ließen. Auf sehr engen Raum stehen also einige Bildstöcke, die sich mit dem Bauernkrieg, mit Getötet-Werden nach dem 2. Juni 1525 in Verbindung bringen lassen können. Oder alles reiner Zufall? Weil die Kreuze an viel frequentierten Geleitstrassen stehen? Der Bildstock "Liegender Bauer" wohl an der Geleitstrasse Lauda - Würzburg, die über Marbach Richtung Vilchband verlief. Oder gibt es für diese Häufung eine gemeinsame Ursache? Den 2. Juni 1525? Ein Steinkreuz bei Bieberehren, an der alten Brücke über die Steinach soll die heute nicht mehr lesbare Inschrift 1525 getragen haben. Das macht die Bestimmung einfacher, wenn auch bei diesem Kreuz nicht klar ist, wem es genau gilt. Siehe dazu unter Bieberehren Steinkreuz 1525.
Der Königshöfer Turmberg wurde in den Jahren nach 1525 zum nächtlichen Treffpunkt von Versammlungen der Bürger und Bauern, die an den Zielen der bäuerlich-bürgerlich christlichen Erhebung festhielten. Das unterstreichen von der Obrigkeit erlassene Verbote, den Turmberg oder dortige Versammlungen bei Todesstrafe zu besuchen. Vergleiche dazu die Beschreibung des Oberamtes Mergentheim, Bd. 1 und Bd. 2. Herausgegeben von dem Königlichen statistisch-topographischen Bureau, Stuttgart 1880, S. 369f.) "Auf mehreren Ebenen wurde von den Herrschenden der Versuch unternommen, die Ereignisse in ihrem Sinn umzudeuten. Die Erinnerung an die Geschehnisse sollte nicht etwa durch das Gedenken an die Opfer auf Seiten der Untertanen wachgehalten werden, stattdessen sollten die Schäden und Rechtsvorstöße in den Mittelpunkt gerückt werden, welche die Bevölkerung begangen habe." (Benjamin Heidenreich: Ein Ereignis ohne Namen? Zu den Vorstellungen des 'Bauernkriegs' von 1525 in den Schriften der 'Aufständischen' und in der zeitgenössischen Geschichtsschreibung. 2019, Seite 229). Veranstaltungen zum Gedenken an die Opfer der Schlacht von Königshofen wurden von der Obrigkeit verboten, da scheint es selbstverständlich, dass auch keine Gedenksteine für die Opfer dieser Schlacht offen aufgestellt werden konnten. Die Obrigkeit mußte ausgetrickst werden, mit formal korrekten, der typischen Sakralkunst folgenden Bildstöcken, die nicht offensichtlich an die Opfer des 2. Junis 1525 erinnerten. Mit mündlich von Generation zu Generationen weitergetragenen Subtexten, die hinter dem Rücken der Obrigkeit in der Bevölkerung sich verbreiteten. Als lokale / regionale Erinnerungskultur von Geschichten, Geschichtchen, Erzählungen, Geschichtenerzählen, Spinnstubenunterhaltungen. "Einerseits verstummten die Stimmen der ‚Aufständischen‘ tatsächlich nach der ‚Erhebung‘, indem die nun verschärften Zensurbestimmungen die Möglichkeiten der Beherrschten, sich kritisch zu äußern oder ihre Sichtweise publik zu machen, systematisch ausschaltete. Andererseits versuchten zahlreiche Liedtexter und Flugschriftenautoren, neue Geschichtsbilder durchzusetzen." (Ebenfalls Benjamin Heidenreich, Seite 230) Hierzu wäre ein neues Kapitel in der Bildstockforschung aufzuschlagen, um die genaueren historischen Zusammenhänge von überlieferter Erinnerungskultur an den Bauernkrieg, an die Niederlage auf dem Turmberg und der Erstellung der Bildstöcke freizulegen.
Gedenkstein Begräbnisstätte von am 2. Juni 1525 erschlagener Bauern und Bürger (möglicherweise auf der Flucht vom Turmberg). Die Sockelinschrift wurde in den 1920er Jahren, vermutlich zur 400 jährigen Wiederkehr des Bauernkrieges gesetzt.
Standort des Bauernkriegsgrabstättenkleindenkmals vor seiner letzten Versetzung. Möglicherweise wurde der Stein auch vorher schon versetzt bei Straßenausbauten.
Drei Fotos des Gedenksteines mit Standort an der alten Chaussee, oberhalb Böschung, siehe diese Links:
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=7-168661-1
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=7-168661-2
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=7-168661-3
Do der Bundt gen Wirtzpurg kam (Ausschnitt) - Aufständische Bauern und Bürger werden vom Schwäbischen Bund auf dessem Marschzug nach Würzburg geköpft. Der Reiter links unten mit auffälliger Kopfbedeckung und rotem Umhängemantel könnte Bischof Konrad II von Thüngen sein, die Kopfbedeckung ein Birett (Siehe: Ulrich Wagner: Der Bauernkrieg bei Lorenz Fries, Martin Cronthal und Johann Reinhart. In: Franz Fuchs, Stefan Petersen, Ulrich Wagner und Walter Ziegler (Hrsg.): Lorenz Fries und sein Werk. Bilanz und Einordnung. Würzburg 2014, Seite 159). Thüngen benötigte nach dem Bauernkrieg römische Absolution für seine vielen Anordnungen zur grausamen Entkörperlichung von aufrührerischen Untertanen.
St. Veit Kapellenkreuz
Die St. Veit Kapelle stand früher an der Geleitstraße durch das Taubertal. Von der Kapelle St. Jost bei Marbach bis zur St. Veit Kapelle hatte der Würzburger Hochstift das Geleitrecht. Und Zoll. Die Kapelle St. Veit diente also zum Geleitwechsel, zur Zollentrichtung neben der sakralen Funktion. 1525 hoben die aufständischen Bauernhaufen solche Zolleinschränkungen auf. Das führte zur Zerstörung der Kapelle. Später wurde an der Stelle, wo vorher die Kapelle stand, ein Steinkreuz gesetzt. Im Zuge des KFZ-Straßenausbaus wurde das Kreuz weiter weg von der Straße versetzt, an ein Wasserauffangbecken.